Vernissage Medien-Nachrichten-Impulse – Rede: Johanna Faber

Mai 6, 2014 | 0 Comments | Statement, Vernissage

Am letzten Sonntag war die Eröffnung der Ausstellung Medien – Nachrichten -Impulse im Forum Kunst und Architektur hier in Essen am Kopstadtplatz.

Der WBK Essen hatte zu einer Gemeinschaftsausstellung den BBK Bonn eingeladen. 21 Künstler und Künstlerinnen setzten sich mit diesem Thema auseinander. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich von Klemens Fritz, aus dem Vorstand des WBKs, gefragt wurde, eine Rede vorzubereiten. Ich sagte spontan zu und es machte mir großen Spaß, durch dise Ausstellung diesmal als Betrachter zu laufen. Als ich meine Rede dann Sonntag mittag halten durfte, war ich schon ganz aufgeregt, habe es aber geschafft, die Ruhe zu behalten.

Hier meine Rede im Wortlaut – für alle, die nicht dabei sein konnten.

Rede-JohannaFaber_WBK

Fotos: Christiane Bach

Putin erpresst Kanzlerin – Ich weiß wer meine Mutter umgebracht hat – Kampfgebiet Istanbul

only bad news are good news – das Motto jeder Nachrichtenredaktion

Schneller höher weiter – Wer hat die Nachricht als erstes? – Eine andere Prämisse

 

Kein Schritt in unserem Leben ohne nicht mit medialem Input konfrontiert zu werden. Selbst in der U-bahn ist man vor Berieselung nicht mehr sicher … Wer nicht auf sein Smartphone schaut… glotzt Werbe -TV am Gleis bevor die Anzeige erscheint: Achtung U-Bahn fährt ein!

Medien wie Zeitungen, Fernsehen, Internet wollen für uns die Welt erklären! Versuchen sie überhaupt objektiv zu berichten? Welche Realität zeigen sie uns? Welche Wahrheiten vermitteln sie uns? Oder wollen sie uns einfach nur manipulieren?

 

Fragen über Fragen. In einer Welt, wo die Medien nicht wegzudenken sind, sind wir unglaublichen Beeinflussungen unterlegen, die oft subtil daherkommen und sich schleichend in unserem Bewusstsein festsetzen oder gar zu unserer eigenen Meinung werden können.

 

War noch vor ein paar Jahren das publizierte Wort fest in der Hand von Profis – sprich ausgebildeten Journalisten – erobern heute immer mehr wir einen Teil der medialen Präsens, um Informationen zu verbreiten. Facebook, Twitter, Instagramm – die Online Netzwerke lassen grüßen. Zählte früher der Nerd, der nur am PC hing und Infos wie ein Musiker in die Tastatur haute, um seine Botschaften der virtuellen Welt mitzuteilen oder News zu erhalten, eher zu einem Exot, ist heute diese Seinsweise weltweit durchaus zu einem LebensKonzept geworden.

 

In einer Zeit, wo wir alle nicht nur zum Medienkonsumenten, sondern auch zu Medienproduzenten geworden sind, gilt:

Was fange ich mit all den Informationen an? Konsumiere ich nur passiv oder hinterfrage ich und bilde mir meine eigene Meinung, eben weil ich die Wahl haben soviele unterschiedliche Informationskanäle tagtäglich zu nutzen!

Diese Wahl hatten auch die 9 Bonner und 12 Essener Künstler der Ausstellung Medien-Nachrichten-Impulse – hier im Forum Kunst und Architektur.

Was machen die Nachrichten – die Medien mit mir als Künstler?

Unterschiedliche Standpunkte wurden gefunden und interessant umgesetzt. Und das ist mir sofort aufgefallen, als ich durch die Ausstellung ging: Diese Ausstellung wird bis auf zwei Werke, nicht von elektronischen Medien dominiert…Die Künstler drücken sich eher in den Disziplinen wie Installation, Collage, Malerei Druckgrafik oder Fotografie aus.

Teils witzig – teils kritisch – teils poetisch – immer wieder offen interpretierbar – kommt die Ausstellung daher.Unsere Welt ist vor allen Dingen visuell geprägt. Das bewegte Bild hält uns im Bann, denn es bietet ständig Anreize für das Hirn.

Doch welches Bild ist das Bild, was jetzt vermittelt werden muss?

Diese Frage hat sich auch Ralf Raßloff gestellt mit den zwei Fotoarbeiten, die Sorge des Fotografen…. fängt hier oben die Ausstellung an!

Kann ich das Bild einfangen, um meine Botschaft zu transportieren? Wie ist meine Sicht auf die Welt – gefangen im Raster meiner eingeschränkten Wahrnehmungsfähigkeiten.

Verhältnis Mensch-Medien thematisiert auch die Arbeit des Bonner Künstlers Rolf Mallat.

Hot 437 benennt er sie – heiße Inhalte in kühl-technischer Acrylmalerei umgesetzt. Vorherrschender Farbdutus- blau-grau. Er hat Bilder aus dem Internet gesammelt und sie fragmentarisch zu einer neuen Komposition zusammengesetzt: Der Mensch als Schaufensterpuppe, hübsch aber irgendwie leblos, gefangen im schönen Schein der Medienwelt?

Hier vor uns: Die Installation von Ingrid Grießer, ebenfalls eine Bonner Künstlerin. Das Haus – in der Traumsymbolik gilt das Haus als Symbol für die Seele – hier nutzt Ingrid Grießer, das Haus als Symbol unserer Gedankenwelt, gebaut durch den Input von Informationen. Konkret hat sie aus dem Material Pappe und Zeitungsschnipsel ein offenes Gedankenkonstrukt entwickelt – Informationen kommen rein, manche bleiben, werden zu eher durchlässigen, sich bewegenden Wänden, manche verschwinden wieder. Informationen von medialen Sender zum Empfänger befinden sich in steten Fluss in diesem „Gedankenhaus“!

Joachim Poths setzt sich auf subtile Art und Weise kritisch mit den Nachrichten auseinander, aber durchaus mit einem humorvollen Unterton. Eine filigrane Holzkonstruktion. Darüber fokussiert als eine Art Sucher, eine leuchtende Lampe die Platte dadrunter ! Beim näheren Hinsehen entdeckt man unterm Kreidestaub die Texte einer Zeitung: Das Blatt ist ein Ausschnitt aus der Zeit und erkennbar die Nachricht „zum Teufel“!!! Mit der Zeit? Mit der Zeitung? Mit der Information? Was will ich hier überhaupt finden?

Auch eine kritische Auseinandersetzung liefert die Installation Altar 21 von Sigrid Beuting. Die Flut der täglichen Informationen fließt wie ein Trichter in unsere Köpfe und landet aber als undefinierter Datenmüllberg. Wo – in der Müllverbrennungsanlage? Oder in unseren Köpfen, weil die Informationen uns erschlagen. Gleichzeitig können wir ohne Informationen nicht leben, überleben, denn Wissen bedeutet auch Macht …. das Wissen – ist unser Altar der Neuzeit.

Mit dem Immateriellen, dem geistigen einer Botschaft oder Nachricht hat sich Anne Friederichsen in ihrer Malerei beschäftigt: Für sie ist die Essenz einer Nachricht – fühlbar: leicht-transparent und impulshaft – erkennbar an den Farbflecken. Formal hat sie den Bezug zur Zeitung hergestellt, indem sie einezelne rausgerissene Teile collagenartig in das Bild eingearbeitet hat. .

Spazieren wir jetzt gedanklich eine Etage tiefer…

Da fallen mir drei weitere Arbeiten von Bonner Künstlern ins Auge …….

Einen interaktiven Newsletter vom Land hat uns Rolf Lund geschickt. Fünf Bilder, mit je einem Tier als Plastikfiguren vors Bild gebaut: Hund – Katze – Pferd – Hahn – Kuh, sie alle schicken uns ein Krähen oder Wiehern oder Miauen, drückt man auf einen Klingelknopf, direkt angebracht neben den Bildern. Das Material auf den Leinwänden erinnert an Kuhfladentechnik, aber nein, damit hat natürlich der Künstler nicht gemalt, sondern die an Tiere erinnernden Abdrücke in Mischtechnik mit Bitumen und Marmorspachtel verewigt. Bitumen ein Erdölgemisch…werden die freundlichen Grüße der Tiere nicht mehr lange geschickt? Sind sie vom Untergang bedroht? Verschmutzt der Mensch immer mehr die Natur?

Das Tiere früher eine Bedeutung in unserer Kommunikation hatten, zeigt die Künstlerin Katja Zander. Sie liefert mit der Ölmalerei „Tod einer Brieftaube“ nicht nur eine poetisch malerische Antwort auf den Feldzug der Zeitungen, die die Brieftauben als Informationstransportmittel absetzten, sondern schafft mit ihrer Darstellung, die Tote Taube in Zeitungspapier einzuwickeln eine Analogie zum jetzigen Zeitungssterben. Die technische Entwicklungen sind nicht aufzuhalten.

Die Entwicklung des PC und des Internets und mit ihnen das Aufkommen von Sozialen Netzwerken ist weltweit zu einem Machtinstrument geworden. So werden die Unruhen letztes Jahr in der Türkei von der Künstlerin Katharina Otte-Varolgil, die auch in der Türkei zu Hause ist, in ihrem Triptychon dokumentiert und von ihr vor allen Dingen als Twitter Revolution veranschaulicht. Sie erzählt die Geschichte von drei Kindern rund um die Proteste am Gezi-Park mit Hilfe sogenannter Selfies, Selbstporträts mit dem Handy, und Facebook und Twittereinträgen.

Der Krise der Zeitung kann man auch in der Installation von Reni Scholz, im oberen Raum auf der anderen Seite, aussitzen! Ihre sechs Krisenhocker sind, krass ausgedrückt, ein apokalyptischer Hinweis: Die Zeitung von Heute ist der Müll von morgen, bis es soweit ist, können wir auf den akkurat gebundenen Zeitungsstapeln mit Ausgaben aus aller Welt sitzend, dem Abgesang gemächlich entgegenblicken.

Ein anderes Werk, schön kontrastierend zu den Krisenhockern aus den Papierstapeln, ist die Arbeit der Bonner Künstlerin Dagmar Hagemann.

Sie hat der Zeitung ein malerisches Denkmal gesetzt.Im Format einer ausgebreiteten Zeitung hat sie „zwischen den Zeilen“ gelesen, so auch der Titel der beiden Arbeiten, und damit den visuellen Nagel auf den Punkt getroffen hat. Formal schön eingefangen präsentiert sie die Zeitung in ihrer Essenz als farbliche Grauwerte, in horizontalen und vertikalen Linien und Blöcken aufgelöst… Kneift man die Augen davor zusammen, erahnt man was Dagmar Hagemann gesehen haben könnte. Eine Fläche von klaren Strukturen, wo sich Millionen schwarzer Punkte zu Buchstaben und schließlich zu Blöcken mit Nachrichten formieren.

Und was bleibt letztlich übrig: Worte im Kopf

Mein Name ist Hase – Wilde Zeiten im Jugendheim – Wer ja will, muss nein sagen.

DieseWorte finden sie in der Beamerprojektion von Petra Göbel.

In diesem Sinne gehen sie durch diese Ausstellung rund um Medien – Nachrichten – Impulse und machen Sie sich ein Bild.

Vielen Dank fürs Zuhören!

Johanna Faber

JohannaFaber_Rede_christianebach

 

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